In den kommenden Jahren läuft fast ein Viertel aller bestehenden Erbbauverträge aus. Zeitgleich erlebt das Mischmodell aus Eigentum und Pacht gerade auch in Nordrhein-Westfalen ein Revival. „Erbbau kann ein Instrument sein, damit sich Menschen bei der aktuellen Preisentwicklung überhaupt noch den Traum vom eigenen Haus leisten können“, meint der 1. Vorsitzende im Verband Wohneigentum NRW, Peter Preuß. Die aktuelle Welle auslaufender Verträge zeige aber auch: „Es besteht Handlungsbedarf!“ Ein Allheilmittel sei das Modell ohnehin nicht.
Erbpacht: Was steckt dahinter?
Ein Haus kaufen und sich die Kosten für das Grundstück sparen? Das ist für viele ein Argument, sich für eine Erbbau-Immobilie zu entscheiden. In dieser Konstellation kaufen Hauseigentümer nämlich nicht das Grundstück, auf dem ihr Gebäude steht. Der Grund und Boden wird den Bauherren von den Grundstückseigentümern – in der Regel Kommunen, Kirchen, Stiftungen oder das Land – lediglich für einen festgelegten Zeitraum gegen eine monatliche Zahlung zur Verfügung gestellt.
Das kann für beide Seiten Vorteile haben: Hauskäufer profitieren von niedrigen anfänglichen Kosten, während die Grundstückeigentümer Filetgrundstücke und den Einfluss auf die Nutzung der Flächen behalten. Beliebt war das Modell vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg, als für breite Bevölkerungsschichten schnell und günstig Wohnraum geschaffen werden musste. Weil die durchschnittliche Laufzeit dieser Erbbauverträge 85 Jahre beträgt, laufen in den kommenden Jahren besonders viele Verträge aus. „Und das wird oft zum Problem“, befürchtet Peter Preuß.
Ärger bei auslaufenden Erbbauverträgen
Wenn ein Erbbauvertrag ausläuft, gibt es drei Möglichkeiten: In einigen Fällen hat der Hauseigentümer die Gelegenheit, dem Grundstückseigentümer das Grundstück abkaufen. Die zweite Möglichkeit wäre eine Vertragsverlängerung – hierbei würden aber die Bedingungen für die monatliche Pacht, den sogenannten Erbbauzins, neu verhandelt. In beiden Fällen ist mit hohen Kosten für die Hauseigentümer zu rechnen. Schließlich sind die aktuellen Grundstückspreise auf einem Allzeithoch und eine neu vereinbarte Erbpacht würde sich daran orientieren.
In den meisten Fällen ist das aber immer noch besser als die dritte Möglichkeit. Denn finden die Vertragspartner keine Einigung, geht die Immobilie automatisch in den Besitz des Erbbaugebers über. Er muss den Hauseigentümer zwar entschädigen – im Ernstfall liegt diese Entschädigungszahlung aber deutlich unter dem Wert der Immobilie. „Das ist das Worst-Case-Szenario. Hier ist Ärger vorprogrammiert“, prophezeit Preuß. Deshalb rät der Verband Wohneigentum, frühzeitig – am besten zehn bis spätestens fünf Jahre vor Auslauf der Verträge – Kontakt mit dem Erbbaugeber aufzunehmen.
Reform des Erbbaurechts notwendig
Der Verband fordert aber auch eine generelle Anpassung des Erbbaurechts: „Es sollte gesetzlich geregelt sein, dass bei einer Neuberechnung des Erbbauzinses – egal ob bei einer Vertragsverlängerung oder während der Laufzeit – soziale und wirtschaftliche Aspekte berücksichtigt werden“, meint der Landesvorsitzende.
Außerdem sollte man eine Mindestlaufzeit von 75 Jahren gesetzlich vorschreiben. „Das Erbbaurecht stammt aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. Heute ist die Ausgangslage mit den noch immer hohen Grundstückspreisen natürlich eine völlig andere. Wenn man durch eine Reform des Erbbaurechts die unterschiedlichen Interessen von Grundstückseigentümern und Hauskäufern ausgleicht, ist es aber auch heute ein mögliches Instrument, um die Krise auf dem Wohnungsmarkt zu lösen“, meint der Vorsitzende im Verband Wohneigentum NRW. Das sehen auch immer mehr Städte in NRW so. Zuletzt haben beispielsweise die Städte Köln, Bochum, Leverkusen oder Dormagen angekündigt, verstärkt auf das Erbbaurecht zu setzen.
An erster Stelle stünde dabei meist der Mietwohnungsbau. „Bei der hohen Nachfrage nach bezahlbaren Eigenheimen und im Sinne einer gemischten Quartiersentwicklung dürfen Städte das selbstgenutzte Eigentum bei der Vergabe ihrer Erbbaugrundstücke nicht vergessen“, fordert Preuß.