Schottergärten bieten keinen Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Für Philippe Dahlmann, Gartenberater beim Verband Wohneigentum NRW, ist schon der Name eine Farce: „Was wir als Schottergarten kennen, hat nichts mit einem Garten zu tun. Denn als Garten bezeichnet man ein Stück Land, das bepflanzt wird.“ Philippe Dahlmann spricht hier eher von Steinwüsten. Wo es keine Pflanzen gibt, fehlt die Nahrung für Insekten. Wo Insekten fehlen, gibt es weniger Bestäubung und damit weniger pflanzliche Vielfalt. Letztendlich gehen durch den Verlust von Grünflächen auch Nahrungsgrundlagen für Mensch und Tier verloren. Außerdem tragen Pflanzen dazu bei, Wasserkreisläufe im Boden aufrecht zu erhalten und sorgen durch ihre Verdunstung für die Kühlung der Umgebung. Heißt im Umkehrschluss, dass sich die Steinwüsten negativ auf das Kleinklima im Wohnumfeld auswirken. Denn Steine (wie Schotter und Kies) heizen sich schnell auf und speichern die Wärme lange. So kommt es zu Hitze-Rückstrahlungen rund um das Gebäude. Gerade nachts ist es ein Problem, denn die Umgebungsluft kühlt sich kaum ab.
Verstärkt wird dieser Effekt durch enge Bebauung und den Einsatz von Gabionenwänden (Steinkörbe) oder anderen künstlichen Sichtschutzbarrieren: Die Luft kann schlechter zirkulieren und Hitze entweicht kaum oder nur sehr schlecht aus den Gärten und ganzen Siedlungen.
Schottergärten können im Sommer auf bis zu 70 Grad erhitzen
Weil zudem der Schatten von Pflanzen fehlt, können sich Schottergärten laut Naturschutzbund (NABU) im Hochsommer auf bis zu 70 Grad erhitzen. Nachts kühlt es in der Umgebung nur sehr langsam ab. Das ist eine Belastung für Tiere – und Menschen! Denn: Auch für Sie selbst ist der entstehende Hitzestau bei immer heißer werdenden Sommern alles andere als angenehm! Schlaflose Nächte sind vorprogrammiert. Wie sehr sich Schotterflächen bei Sonneneinstrahlung aufheizen, kann man übrigens sehr eindrucksvoll auch am eigenen Körper erfahren. Stellen Sie sich an warmen Tagen auf eine Schotterfläche und dann zum Vergleich auf eine Grünfläche – der Temperaturunterschied ist enorm!
Weiteres Problem: „Der Boden unter den Flächen verkümmert, Niederschläge können wegen der Folien kaum versickern. Die Bodenstruktur unter dem Vlies oder der Folie verschlechtert sich, da keine organischen Materialien (wie z.B. Laub) mehr in den Boden gelangen. Und Tiere wie der Regenwurm sind durch die Folie von der Erdoberfläche abgeschnitten. Alles in allem sorgt der Schottergarten für eine verkümmerte Bodenstruktur. Gerade bei Starkregen können Schottergärten deshalb eine echte Gefahr darstellen“, weiß Dahlmann. Fazit: In Zeiten des Klimawandels mit seinen zunehmenden Hitzesommern und Starkregenereignissen sind Schottergärten keine gute Grundlage für ein lebenswertes und umweltfreundliches Wohnumfeld. Deshalb hat NRW schon seit 2018 in seiner Landesbauordnung festgelegt, dass das Anlegen von Schottergärten im Grunde genommen verboten ist. Doch die Regelung war bisher eher ein Gebot, auf diese Gärten zu verzichten. Zudem wurde es von den Kommunen unterschiedlich ausgelegt. Das soll sich ab Januar 2024 ändern.