Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer: Erhöhung ab 2023?

Ab 2023 wird die Erbschafts- und Schenkungssteuer in einigen Fällen teurer. Denn viele Immobilien werden nun höher als bisher bewertet. Wir erklären, warum das für die meisten selbstnutzenden Wohneigentümer keine Auswirkungen hat und trotzdem eine Anpassung der Freibeträge notwendig wäre.

Steigende Immobilienbewertung  © freshidea – stock.adobe.com
Wegen Anpassungen bei der immobilienbewertung wird 2023 die Erbschafts- oder Schenkungssteuer in einigen Fällen teurer. 

Wird eine Immobilie vererbt oder verschenkt, müssen in Extremfällen Steuern in Höhe von bis zu 50 Prozent des Immobilienwerts gezahlt werden – sofern dieser die geltenden Freibeträge übersteigt.

Im Dezember 2022 wurden die Regeln für die Immobilienbewertung auf das aktuelle Preisniveau angehoben, was ab 2023 in vielen Fällen zu deutlich höheren Bewertungen führt. Die Änderung geht dabei auf eine Forderung des Bundesverfassungsgerichts zurück.

Anpassung der Freibeträge gefordert

Eine Anpassung der seit 2009 unveränderten Freibeträge für die Erbschafts- und Schenkungssteuer blieb leider aus. Entsprechend groß ist die Kritik: Viele Immobilienbesitzer befürchteten, dass sie ihr Haus nicht mehr steuerfrei an die Kinder weitergeben können.

Auch der Verband Wohneigentum NRW fordert, dass auf die Anhebung des Bewertungsniveaus neue Freibeträge folgen. Allerdings sperren sich die Bundesländer gegen Anpassungen.

In den meisten Fällen keine Auswirkung

Trotz der Kritik werden die Änderungen bei der Immobilienbewertung für die meisten selbstnutzenden Wohneigentümer keine Auswirkungen haben. Denn: Die Änderungen kommen bei Ein- oder Zweifamilienhäusern sowie Eigentumswohnungen nur in Ausnahmefällen zum Tragen. Im Regelfall werden diese Immobilien nach dem unveränderten Vergleichswertverfahren – also den tatsächlichen Verkaufspreisen vergleichbarer Immobilien – bewertet.

Hinzu kommt: Vererbte oder geschenkte Immobilien bleiben auch mit den bislang geltenden Freibeträgen in vielen Konstellationen steuerfrei. Weiterhin selbstgenutzte Immobilien sind zudem grundsätzlich von der Erbschaftsteuer befreit.

Bei Mehrfamilienhäusern, Geschäftsgrundstücken oder gemischt genutzten Grundstücken werden die höheren Bewertungsmaßstäbe in jedem Fall angewandt – hier kann es gerade in Top-Lagen deutlich teurer werden.

Welche Immobilien werden ab 2023 für die Erbschaftssteuer höher bewertet?

Die Veränderungen bei der Bewertung von Immobilien für die Erbschafts- und Schenkungssteuer gehen auf Anpassungen im Bewertungsgesetz zurück. Dort wurden zum 01.01.2023 einige Kennzahlen und Faktoren im Ertragswert- und im Sachwertverfahren so verändert, dass sie in der Anwendung zu höheren Immobilienwerten führen.

Das hat direkte Auswirkungen für die Bewertung von Mietwohngrundstücken (also Wohnhäusern mit drei oder mehr Wohneinheiten), Geschäftsgrundstücken sowie gemischt genutzten Grundstücken. Denn für all diese Immobilienarten wird standardmäßig das angepasste Ertragswertverfahren angewandt.

Für die Bewertung von Ein- und Zweifamilienhäusern sowie Wohnungs- und Teileigentum – also insbesondere Eigentumswohnungen – wird standardmäßig das Vergleichswertverfahren angewandt. Für die Ermittlung des Immobilienwerts werden in diesen Fällen tatsächlich realisierte Kaufpreise vergleichbarer Objekte herangezogen. Als Basis hierfür dienen die Kaufpreissammlungen oder Vergleichswertfaktoren der sogenannten lokalen Gutachterausschüsse. Nur wenn diese keinen geeigneten Vergleichswert aufweisen, wird das nachrangige Sachwertverfahren angewandt.

Eine Ermittlung des Immobilienwerts im Sachwertverfahren führt durch die Änderungen im Bewertungsgesetz ab 2023 tatsächlich zu höheren Summen als in der Vergangenheit. Im Sachwertverfahren sind zudem Ein- und Zweifamilienhäusern stärker von den Veränderungen betroffen. Allerdings ist zu beachten: Eine Bewertung nach dem angepassten Sachwertverfahren ist dadurch nicht automatisch höher als der Marktpreis. Erbschaften, die im Sachwertverfahren beurteilt werden, sind damit also nicht unbedingt schlechter gestellt als die, bei denen standardmäßig das Vergleichswertverfahren angewandt wird.

Was wurde bei der Bewertung für die Erbschaftssteuer im Detail verändert?

Im Rahmen des Jahressteuergesetzes wurden im Dezember 2022 Maßnahmen durchgeführt, die sowohl im Ertragswert- als auch dem Sachwertverfahren in der Tendenz zu höheren Bewertungen führen. In der Praxis kommen die Änderungen nicht immer zum Tragen.

Grundsätzlich handelt es sich um Anpassungen von Kennzahlen oder Faktoren, die in den einzelnen Rechenschritten der vereinfachten und standardisierten Bewertungsverfahren genutzt werden. Beim Ertragswertverfahren wird versucht, über fiktive Mietgewinne den Wert einer Immobilie zu ermitteln. Das Sachwertverfahren hebt auf fiktive Herstellungskosten eines Gebäudes ab. In beiden Fällen kommt noch der reine Grundstückswert hinzu.

Im Ertragswertverfahren wurden im Detail folgende Änderungen vorgenommen:

  • Gesamtnutzungsdauer wird von 70 auf 80 Jahre erhöht
  • niedrigerer Liegenschaftszinssatz, wenn kein Liegenschaftszinssatz durch die lokalen Gutachterausschüsse ausgewiesen wurde
  • Bewirtschaftungskosten werden nicht mehr als 27 prozentualer Abschlag vom Rohertrag, sondern durch fixe Pauschalbeträge für Bewirtschaftungs-, Verwaltungs- und Instandhaltungskosten angesetzt

Im Sachwertverfahren wurden im Detail folgende Änderungen vorgenommen:

  • Geringere Alterswertminderung durch die höhere Gesamtnutzungsdauer von 80 anstatt 70 Jahren
  • Wertzahlen bzw. Sachwertfaktoren werden erhöht

Übrigens: Wird eine geerbte Immobilie innerhalb von einem Jahr zu einem niedrigeren Wert verkauft als die Wertermittlung des Finanzamts es ergeben hat, dann ist für die Erbschaftssteuer der Verkaufspreis maßgeblich. Auch über ein Sachverständigengutachten kann unter Umständen ein niedrigerer Wert geltend gemacht werden.

 

So hoch sind die Freibeträge bei der Erbschaftssteuer

Grundsätzlich haben die eingeführten Änderungen bei der Immobilienbewertung nur dann Konsequenzen, wenn der ermittelte Immobilienwert die folgenden Freibeträge übersteigt:

  • 500.000 Euro für Ehepartner und eingetragene Lebenspartner
  • 400.000 für Kinder (inkl. Stief- oder Adoptivkinder sowie Enkel, deren Eltern bereits verstorben sind)
  • 200.000 für Enkel
  • 100.000 für Urenkel (sowie im Todesfall Eltern und Großeltern)

Dabei gelten die hier aufgeführten Freibeträge sowohl für die Erbschaftssteuer als auch die Schenkungssteuer.

Tipp: Die Freibeträge gelten jeweils pro Erblasser und Erbe. In vielen Konstellationen erhöhen sich die Freibeträge dadurch um ein Vielfaches. Das gilt auch für Schenkungen.

Beispiel 1: Eltern, die jeweils zur Hälfte Eigentümer einer Immobilie sind, schenken ihre Immobilie an ihr Kind. Beide Elternteile dürfen jeweils 400.000 Euro steuerfrei verschenken – in dieser Konstellation ist also eine Immobilie von bis zu 800.000 Euro steuerfrei.

Beispiel 2: Großeltern, die jeweils zur Hälfte Eigentümer einer Immobilie sind, vererben ihre Immobilie an vier Enkelkinder. Dabei dürfen sowohl der Großvater als auch die Großmutter jedem Enkelkind 200.000 Euro steuerfrei vererben. In dieser Konstellation mit vier Enkelkindern kann die Immobilie im gemeinsamen Besitz einen Wert von bis zu 1,6 Millionen Euro haben, ohne dass dafür Erbschaftssteuer fällig wäre.

Keine Erbschaftssteuer für selbstgenutzte Immobilien

Wenn eine selbstgenutzte Immobilie auch nach der Erbschaft durch den Erben selbst genutzt wird, ist dies unabhängig vom Wert der Immobilie meist steuerfrei. In der Praxis wird diese Regelung vor allem wichtig, wenn ein Ehepartner verstirbt und die gemeinsame Wohnimmobilie an den überlebenden Partner vererbt wird. Aber auch Kinder, die nach dem Erbfall in das sogenannte „Familienheim“ ziehen, müssen für diese Immobilie keine Erbschaftssteuer zahlen. Voraussetzung ist in beiden Fällen, dass der Erbe die Wohnung für mindestens zehn Jahre selbst nutzt. Außerdem muss es sich beim sogenannten Familienheim um eine Immobilie handeln, die bis zum Tod des Erblassers von ihm selbst bewohnt wurde und die den Mittelpunkt des familiären Lebens gebildet hat.

Übrigens: Auch eine Schenkung des Familienheims unter Ehepartnern ist steuerfrei. In diesem Fall entfällt sogar die Behaltensfrist – der begünstigte Partner muss die Immobilie nicht für mindestens zehn Jahre weiter selbst bewohnen.

Schenkung: So umgehen Sie die Erbschaftssteuer

Auch die Schenkung zu Lebzeiten ist eine Möglichkeit, wie Sie Ihre Kinder vor hohen Kosten durch die Erbschaftssteuer bewahren können. Denn auch bei einer Schenkung gelten die oben genannten Freibeträge. Hinzu kommt: Die Freibeträge gelten alle zehn Jahre aufs Neue. Mit einem lebenslangen Wohnrecht oder dem sogenannten Nießbrauch – also einem lebenslangen Nutzungsrecht – können Sie sich dabei absichern.

Wie hoch ist die Erbschaftssteuer?

Ist der Wert einer vererbten oder geschenkten Immobilie doch höher als die geltenden Freibeträge, wird für die den Freibetrag übersteigende Summe doch Erbschaftssteuer fällig. Wie hoch diese ausfällt, ist abhängig von der Höhe der Erbschaft und dem Verwandtschaftsgrad.

Erbschaften von Ehegatten, Kindern, Enkelkindern sowie Eltern und Großeltern werden dabei zwischen 7 und 30 Prozent besteuert. Schwiegerkinder, Stiefeltern und Geschwister sowie deren Kinder zahlen in der Erbschaftssteuerklasse 2 zwischen 15 und 43 Prozent Erbschaftssteuer. Nicht verwandte Erben werden in der Erbschaftssteuerklasse 3 mit 30 bis hin zu 50 Prozent besteuert.

Wann werden die Freibeträge angepasst?

Der Verband Wohneigentum NRW fordert, dass der Anhebung bei der Immobilienbewertung auch eine Anpassung der Freibeträge für die Erbschafts- und Schenkungssteuer folgt. Zwar sind auch mit den höheren Bewertungen in vielen Fällen noch steuerfreie Erbschaften oder Übertragungen von (selbstgenutzten) Wohnimmobilien möglich. Insbesondere in angespannten Wohnungsmärkten mit Höchstpreisen sollten zusätzliche Ausnahmen oder Freibeträge gelten – insbesondere bei Wohnimmobilien, die privat zu günstigen Preisen vermietet oder zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden.

Für eine Anpassung der Freibeträge sind insbesondere die Länder gefragt. Zwar handelt es sich bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer um ein Bundesgesetzt – die Einnahmen der Steuer kommen aber ausschließlich den Ländern zugute. Daher ist bei einer Anpassung der Freibeträge auch eine Zustimmung der Bundesländer im Bundesrat notwendig. Leider zeigen die Bundesländer – darunter auch NRW – keinen Willen für eine Anpassung der Freibeträge.