Jahrzehntelange Debatte
Je länger die Diskussion geht und je häufiger die Modelle überarbeitet werden, umso komplizierter. Eine sozial tragbare, transparente, für die Betroffenen nachvollziehbare – und damit für selbstnutzende Wohneigentümer wie Mieter gerechte Besteuerung – ist offenkundig schwer zu erreichen. Vor allem den wertbasierten Berechnungen ist die Streitanfälligkeit schon eingeschrieben.
„Die einfachste Lösung wäre, die Grundsteuer komplett abzuschaffen und die Kommunen stattdessen mit einem höheren Anteil an der Einkommensteuer zu beteiligen“, fasst Manfred Jost, Präsident des Verbands Wohneigentum, zusammen. Damit wäre zugleich die Frage der Verhältnismäßigkeit des Aufwands der Datenerhebung zum generierten Grundsteueraufkommen beantwortet.
„Nach einer Vielzahl von Modellentwürfen und einer jahrzehntelangen Debatte über eine Reform würde es aber an ein Wunder grenzen, wenn die Politiker über ihren Schatten springen und die einfache Lösung beschließen“, zweifelt Jost.
Praxistaugliche Alternative: Flächenmodell
Bei einer Reform der Grundsteuer ist eine Grundsatzentscheidung zu fällen: Soll die Berechnung auf Basis des dynamischen Verkehrswerts der Immobilien, also wertabhängig, oder auf Basis statischer, physikalischer Daten, das heißt im Prinzip wertunabhängig, vorgenommen werden?
Mit einer wertabhängigen Steuer hält das Element der Leistungsfähigkeit des Betroffenen Einzug, da im Grunde Vermögen besteuert würde. Vom Immobiliengrundstück, in dem der Eigentümer selbst wohnt, aus dem kein Ertrag erwirtschaftet wird, kann man aber nichts „abbeißen“. Das ehemals bescheidene Haus der Eltern am Stadtrand, das im Lauf der Jahrzehnte in eine gut angebundene Lage gerückt ist, verhilft der Familie der Kinder, die das Haus übernommen haben, nicht zu mehr Einkünften.
Auch politisch erwünschte und öffentlich geförderte Maßnahmen wie energetische Sanierung, altersgerechter Umbau, Einbau von Einbruchschutz, familiengerechte Wohnraumerweiterung durch Aufstockung, die eine Wertsteigerung mit sich bringen, würden zu höherer Steuerlast führen.
Unabhängig von Leistungsfähigkeit
Als Objektsteuer trifft die Grundsteuer wohlhabende wie weniger begüterte Immobilieneigentümer und Mieter gleichermaßen. Bei dynamisch-wertabhängiger Besteuerung wird das Haus unversehens als Vermögensgegenstand wie andere Renditeprodukte behandelt. Das Wohnen in teuren Städten würde zusätzlich verteuert.
Bei Modellen sogenannter wertunabhängiger Besteuerung wird die Berechnung nicht an dynamische Verkehrswertsteigerungen oder Mietwerte gebunden. Die Fläche des Grundstücks und die Fläche der Wohnung werden jeweils mit einem unterschiedlich festgelegten Faktor taxiert. Ein großes Grundstück wird mehr belastet als ein kleines, ein Mehrfamilienhaus oder eine Villa mehr als ein bescheidenes Häuschen.
Verwaltungsaufwand minimieren!
Falls die Grundsteuer nicht ganz fallengelassen wird, hält der Verband Wohneigentum unter allen Modellen daher das Flächenmodell für das am besten geeignete. Hier könnten auch die erforderlichen Daten in der Frist bis Ende des Jahres 2024 mit relativ geringem Verwaltungs- und Kostenaufwand einmal erfasst werden. Nur bei Änderung physikalischer Flächen wäre eine neue Datenerhebung notwendig. Wäre dagegen die Berechnung wertbasiert, müsste die Wertentwicklung regelmäßig eingearbeitet werden. „Das wäre ein gigantischer Verwaltungsaufwand! Komplizierte, mittelfristig wiederkehrende, rechtlich angreifbare Wertermittlungen für 35 Millionen Grundstücke in Deutschland sollte der Gesetzgeber den Finanzämtern, den Gemeinden und auch den Bürgern ersparen“, betont VWE-Präsident Manfred Jost.