Immerhin: Die gewählte Übergangslösung sei in jedem Fall ein großer Erfolg und führe sofort zu enormen Entlastungen. Darüber hinaus hätte sich endlich auch die letzte Partei klar für die Abschaffung der Beiträge positioniert: „Nun haben alle Parteien im Landtag erkannt, wie groß der Unmut der Bürgerinnen und Bürger über die ungerechten Beiträge war. Wir hoffen, dass das Kapitel Straßenausbaubeiträge in NRW damit bald endgültig geschlossen werden kann. Denn an der vollständigen Abschaffung führt spätestens jetzt kein Weg mehr vorbei“, meint der stellvertretende Vorsitzende im Verband Wohneigentum NRW.
Beiträge sind hohe Belastung
Bislang ist es in Nordrhein-Westfalen so, dass Städte die Kosten für die Erneuerung oder Verbesserung ihrer Straßen auf Anlieger umlegen müssen. Beiträge in Höhe von 20.000 Euro pro Eigentümerin oder Eigentümer waren dabei keine Seltenheit. Zur Landtagswahl hatten zahlreiche Verbände und Initiativen ihren Widerstand gegen die Straßenausbaubeiträge aufleben lassen und das Ende der Anliegerbeiträge gefordert. „Die Straßenausbaubeiträge sind ein unberechenbarer Kostenfaktor für Wohneigentümer. Oft genug wurden sie zur Existenzbedrohung. Hinzu kommt: Mit den Beiträgen zahlen Eigentümer die Zeche, wenn Kommunen die Instandhaltung von Straßen über Jahre vernachlässigt haben“, erklärt Dröge.
Thema für Wahlkampf abgeräumt
Mit der Ankündigung lenkt die amtierende Landesregierung auf den letzten Metern vor der Landtagswahl ein. Denn die Forderung der Abschaffung ist nicht neu. Mit seinen über 130.000 Mitgliedern zählte der Verband Wohneigentum NRW e.V. zu den vehementesten Kritikern der Anliegerbeiträge. Er unterstützte im Jahr 2018 auch das Volksbegehren zur Abschaffung der Beiträge, das mit einer halben Million Unterschriften als größte Volksinitiative in die Geschichte des Landes Nordrhein-Westfalen einging.
Trotz der breiten Unterstützung lehnte die Landesregierung die Abschaffung der Beiträge bislang ab. Aus dem von ihr aufgelegten Förderprogramm zur Halbierung der Anliegerbeiträge mit einem Umfang von 65 Millionen Euro wurden bisher lediglich 11 Millionen Euro abgerufen. Es ergab sich also Spielraum für die vollständige Übernahme der Anliegerbeiträge.
Kosten sollten nicht von Einzelnen getragen werden
Die Ungerechtigkeit der Straßenausbaubeiträge liege aber in ihrem Kern begründet: „Die Aufrechterhaltung von Verkehrsinfrastruktur ist Daseinsvorsorge und damit eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe – nicht die Pflicht Einzelner. Und von fiktiven Wertsteigerungen einer Immobilie haben selbstnutzende Wohneigentümer keinen Vorteil“, meint Dröge. Hinzu komme, dass die Straßenausbaubeiträge trotz der hohen Einnahmen kein Gewinngeschäft für die Kommunen waren. „Die Erstellung der Bescheide, der enorme Aufwand für die Abrechnung und nicht zuletzt die hohen Kosten für Rechtsstreitigkeiten bei fehlerhaften Bescheiden haben die Einnahmen so gut wie aufgezehrt“, weiß Dröge.
Ein Gesetzesentwurf der SPD-Landtagsfraktion zur Abschaffung der Beiträge wurde von den regierungstragenden Fraktionen bislang immer abgelehnt. Mit der heutigen Ankündigung kommt die Landesregierung nun einer erneuten Abstimmung über diesen Vorstoß zuvor.
Faire Finanzierung der Kosten notwendig
Die Abschaffung biete die Gelegenheit, einen grundsätzlichen Fehlanreiz zu korrigieren. „Um Kosten zu sparen, haben Kommunen die Instandhaltung ihrer Straßen oft vernachlässigt. Denn die reine Instandhaltung konnten Kommunen nicht umlegen, einen grundlegenden Ausbau aber schon. Deshalb haben viele Kommunen so lange gewartet, bis eine Erneuerung der Straße notwendig wurde und die Kosten dafür von den Bürgerinnen und Bürgern wieder zurückgeholt werden konnten“, betont der stellvertretende Vorsitzende des Verband Wohneigentum NRW. Volkswirtschaftlich gesehen sei die Erneuerung aber kostenintensiver als die Instandhaltung. „Das Land NRW sollte deshalb gemeinsam mit den Kommunen eine faire Finanzierung der Instandhaltungskosten für kommunale Straßen vereinbaren. Die ohnehin unterfinanzierten Städte nach der Abschaffung der Straßenausbaubeiträge mit den Kosten allein zu lassen, wäre der falsche Weg“, mahnt Dröge.