Wenn die Kommunen Geld in den Betrieb sowie die Instandhaltung von Kanälen und Kläranlagen investieren, so haben sie das Recht, bei der Kalkulation der Abwassergebühren einen Zinssatz für das aufgewendete Eigenkapital zu verlangen. Aktuell liegt dieser Zinssatz jedoch bei bis zu 5,92 Prozent für das Jahr 2021. Das hält der Verband Wohneigentum NRW für entschieden zu hoch.
Kommunen nutzen Gebühren zur Haushaltssanierung
„In der bereits seit Jahren anhaltenden Niedrigzinsphase halten wir einen Zinssatz von fast sechs Prozent für völlig realitätsfern und für eine ungerechtfertigte Belastung der Bürger“, kommentiert Michael Dröge, stellvertretender Vorsitzender des Verband Wohneigentum NRW e.V., die Berechnungsgrundlage der Abwassergebühren.
Als Grundlage für diesen Zinssatz wird der Durchschnitt von Emissionsrenditen für festverzinsliche Wertpapiere der letzten 50 Jahre herangezogen und mit einem Sicherheitszuschlag von 0,5 Prozentpunkten versehen. Auch das kritisiert der Verband: „Allein schon der Sicherheitszuschlag wirkt in Zeiten, in denen Kommunen für Darlehen faktisch keine Fremdkapitalzinsen zahlen, wie eine Lizenz zum Gelddrucken. Doch die Abwassergebühren sind nicht dazu da, die klammen Haushalte der Kommunen zu sanieren“, fährt Dröge fort.
Musterprozess soll Klarheit bringen
Der Verband Wohneigentum NRW steht mit dieser Meinung nicht alleine da. Der Bund der Steuerzahler unterstützt aktuell einen Musterprozess gegen die realitätsfernen Zinssätze vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster. Eine Entscheidung darüber erwarten die Verbände noch in diesem Jahr.
Auch ein Prozess vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen wird vom Verband Wohneigentum NRW unterstützt. Die vom Bund deutscher Steuerzahler angesprochenen Kostenkalkulationen sind unter anderem auch Gegenstand des hier unterstützten Verfahrens. Der Verband Wohneigentum NRW sieht eine gewisse Parallele zu Teilfragen im Bereich der Straßenausbaubeiträge. Dort fehlten in der Vergangenheit klare Regelungen hinsichtlich der Verjährung von Ansprüchen der Gemeinde. Die Parallele ist nach unserer Auffassung darin zu sehen, dass sich die Verzinsung des gebundenen Kapitals aus der Ermittlung eines Durchschnittszinses ergibt. Nach Auffassung des Verbandes liegt der Ermittlung ein wesentlich zu langer Zeitraum zugrunde und der Zinssatz wird damit künstlich überhöht angesetzt.
Verband empfiehlt: Gebührenbescheiden widersprechen!
Von einem positiven Ausgang der beiden Verfahren können nur diejenigen profitieren, deren aktuelle Gebührenbescheide zum Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht rechtskräftig wären. Daher erscheint uns die Empfehlung an unsere Mitglieder angemessen, Widerspruch gegen die aktuellen Bescheide zu erheben.
Ein passendes Widerspruchs-Formular gibt es hier bei uns zum Download.
Weitere Details enthalten die Kalkulationsgrundlagen der Abwassergebühren im Jahr 2021.
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