Grundbesitzabgaben – welche Gebühren gehören dazu?
Praktische Informationen zu den Grundbesitzabgaben sowie Tipps zum Kostensparen.
Politikreferent
Wenn das Finanzamt Ihr Grundstück deutlich zu hoch bewertet hat, können Sie mit einem Gutachten einen niedrigeren Wert nachweisen. Das Grundsteuer-Urteil des Bundesfinanzhofs hilft aber nur in Extremfällen – über die Verfassungswidrigkeit der neuen Grundsteuer wurde noch nicht entschieden.
An der Grundsteuerreform gab es von Anfang an viel Kritik. Gerade das sogenannte Bundesmodell, mit dem in NRW und den meisten anderen Bundesländern Grundstücke für die neue Grundsteuer bewertet werden, halten viele für verfassungswidrig. Jetzt hat es erste Urteile gegeben. Dabei hat sich der Bundesfinanzhof aber nicht mit der Frage beschäftigt, ob die neue Grundsteuer auf der Basis des Bundesmodells verfassungswidrig ist und gegen den Gleichheitsgrundsatz im Grundgesetzt verstößt. Er hat aber in zwei konkreten Einzelfällen aus Rheinland-Pfalz entschieden, dass Eigentümerinnen und Eigentümer gegen deutlich zu hohe Bewertungen mit einem Gegengutachten vorgehen können.
Zwei Eigentümer aus Rheinland-Pfalz hatten gegen ihre Grundsteuerwertbescheide geklagt. Im Zentrum der Kritik: Zu hohe Bodenwerte und Pauschalmieten. Die Bewertung für eine der beiden Immobilien sei zudem aufgrund des schlechten Zustands – seit dem Bau im Jahr 1880 hatten keine wesentlichen Sanierungen stattgefunden – nicht zutreffend.
Gegen die vom Finanzgericht Rheinland-Pfalz gewährte Aussetzung der Vollziehung reichte das zuständige Finanzamt Beschwerde vorm Bundesfinanzhof ein – so kam es nun zum Urteil in zweiter Instanz.
Deutlich zu hoch ist der vom Finanzamt ermittelte Grundsteuerwert aber nach Ansicht des Bundesfinanzhofs und der Rechtsprechung erst dann, wenn er 40 Prozent über dem tatsächlichen Wert der Immobilie liegt. Weil das in den vorliegenden Fällen zumindest nicht ausgeschlossen ist, wurde die Beschwerde des Finanzamts zurückgewiesen.
Die Richter am Bundesfinanzhof haben sich nicht mit der Frage beschäftigt, ob die neue Grundsteuer – wie sie auch in NRW angewandt wird – verfassungswidrig ist. Das wird aller Voraussicht erst das höchste deutsche Gericht klären können – wenn das Bundesverfassungsgericht über eine Reihe von Musterklagen gegen die Grundsteuer entscheidet. Ob und wann das geschieht, ist noch immer völlig offen. Die Urteile aus erster Instanz vom Finanzgericht Rheinland-Pfalz haben aber die rechtlichen Zweifel an der neuen Grundsteuer bestärkt.
Dass Eigentümerinnen und Eigentümer bei einem deutlich zu hohen Grundsteuerwert eine Senkung durch ein Gegengutachten bewirken können, hat der Bundesfinanzhof grundsätzlich klargestellt. Diese Option gilt nun also auch für NRW. In der Praxis hilft das vielen jedoch nicht: Denn die vom Finanzamt festgestellten Grundsteuerwerte liegen tendenziell etwas niedriger als der tatsächliche Verkehrswert. Der Nachweis einen niedrigeren Werts wird also nur in Einzelfällen möglich sein – zumal das Gegengutachten 40 Prozent unter der Bewertung des Finanzamts liegen muss, um überhaupt berücksichtigt zu werden.
Trotzdem kann das Urteil große Auswirkungen haben. Denn der Bundesfinanzhof hat nicht nur klargestellt, dass auch bei der Grundsteuer zu hohe Bewertungen mit einem Gegengutachten beanstandet werden können. Er hat auch die Aussetzung der Vollziehung in den zwei konkreten Klagen bestätigt. Das heißt: Die Kläger müssen bis zur endgültigen Entscheidung vorläufig keine Grundsteuer zahlen. Erst wenn der anzusetzende Wert endgültig geklärt wurde, müssen die Kläger die Grundsteuer zahlen – dann aber natürlich auch für die zurückliegende Zeit.
Es ist auch zu erwarten, dass die Politik nach dem Grundsteuer-Urteil des Bundesfinanzhofs allgemeine Regeln für das Nachweisverfahren und die „Gegengutachten“ festlegt.
Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat als erstes deutsches Gericht die Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der neuen Grundsteuer bestätigt. Es sei zu befürchten, dass aufgrund der vielen Typisierungen und Pauschalierungen im Bundesmodell Verzerrungen in der Bewertung auftreten. In den konkreten Fällen, die auch zum Urteil des Bundesfinanzhofs geführt haben, seien die individuellen Umstände der Grundstücke „nahezu vollständig“ vernachlässigt worden.
Auch in die vom Bund der Steuerzahler sowie Haus & Grund begleiteten Musterklagen kommt nach langem Stillstand langsam Bewegung. In den insgesamt fünf Verfahren wird unter anderem die Höhe der für die Bewertung angesetzten Kaltmieten oder der Ansatz der Bodenrichtwerte beanstandet. Bei diesen Verfahren handelt es sich jedoch um Klagen auf erster Instanz. Wann durch das Bundesverfassungsgericht überprüft wird, ob die neue Grundsteuer verfassungswidrig ist, ist noch immer völlig offen. Es ist zu befürchten, dass ein Verfahren erst in Jahren zu einem Ergebnis kommt.
Einsprüche, die sich auf verfassungsrechtliche Zweifel an den Bewertungsregeln beziehen, können auf die Beschlüsse des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz oder die vom Bund der Steuerzahler unterstützen Klageverfahren verweisen. Diese werden unter folgenden Aktenzeichen geführt:
Beschlüsse des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz: 4 V 1295/23 und 4 V 1429/23
Finanzgericht Berlin-Brandenburg: 3 K 3142/23
Finanzgericht Rheinland-Pfalz: 4 K 1205/23
Finanzgericht Köln: 4 K 2189/23
Finanzgericht Düsseldorf: 11 K 2310/23 Gr und 11 K 2309/23 Gr
Formal müssen Einsprüche erst dann von den Finanzämtern ruhend gestellt werden, wenn Verfahren vor dem Bundesfinanzhof oder dem Bundesverfassungsgericht anhängig sind.
Aktuell werden solche Einsprüche in NRW dem Vernehmen nach aber zumindest nicht weiterbearbeitet, bis es eine Überprüfung vor dem Bundesverfassungsgericht gibt. Es erfolgt also ein informelles Ruhen der Einsprüche.
Auch wenn Sie mit Blick auf die verfassungsrechtlichen Bedenken Einspruch gegen Ihren Grundsteuerwertbescheid eingelegt haben, ist nicht klar, ob Sie später „zu viel gezahlte“ Grundsteuer zurückbekommen können. Eine (rückwirkende) Änderung der Bescheide aufgrund einer möglicherweise festgestellten Verfassungswidrigkeit ist zwar grundsätzlich denkbar, aber eher unwahrscheinlich. Denn in der Vergangenheit hat das Bundesverfassungsgericht selbst bei einer Feststellung der Verfassungswidrigkeit bestimmter Steuerregeln meist eine Fortgeltung mit Frist zur verfassungskonformen Neuregelung angeordnet.
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